In Ulrike Schwabs Neuinszenierung von Richard Strauss‘ Oper „Salome“ am Goethetheater in Bremen beeindruckte das Stück mit einem aufwendigen Bühnenbild und starker musikalischer Leistung. Die tragische Geschichte der jungen Salome, die sich durch einen erotischen Tanz von ihrer zerfallenden Familie zu befreien versucht, wurde auf eindrucksvolle Weise neu interpretiert.

Die Oper „Salome“ von Richard Strauss dreht sich um die fast schon ikonische Figur Salome. Ihre Geschichte aus der Bibel erzählt von einem erotischen Tanz vor ihrem Stiefvater Herodes, nach dem sie als Gegenleistung den Kopf von Johannes dem Täufer fordert und erhält. Doch im Kern handelt es sich um eine junge Frau, die versucht, sich aus den Klauen ihrer maroden Familie zu befreien. Diese facettenreiche Frauenfigur inspiriert noch immer zahlreiche literarische und dramatische Werke sowie Opern. Die Oper von Strauss, basierend auf einem Text von Oscar Wilde, entstand im Jahr 1891.

Das Bühnenbild in Bremen war besonders aufwändig gestaltet und erinnerte an ein Museumslager. Man sah verwitterte römische Statuen und Säulen sowie Vitrinen mit präparierten Tieren, umgeben von alten Fernsehern. Der größere Teil der Bühne stand unter Wasser, was Salomes Spielraum darstellte. Während die übrigen Charaktere, einschließlich ihrer Eltern und des Hofstaates, hauptsächlich außerhalb des Beckens agierten, bewegte sich Salome durch das Wasser, ganz in ihrer eigenen Welt. Zudem setzte sich das Theater intensiv mit dem Operntext auseinander, der an einigen Stellen als antisemitisch gilt. Diese Passagen konnten musikalisch nicht einfach entfernt werden, also unterbrach das Theater die Aufführung für eine Minute Stille, um sich davon zu distanzieren – die Antisemitismuskritik erschloss sich daraus zwar nicht, begrüßenswert ist der Gedanke  aber durchaus.

Musikalisch war die Vorstellung herausragend. Die Hauptrolle der Salome wurde von der Sopranistin Yannick-Muriel Noah exzellent verkörpert. Ihre kraftvolle Stimme und eindrucksvoller Gesang beeindruckten, besonders in ihrer Fähigkeit, zwischen Laut und Leise zu wechseln und die musikalischen Höhepunkte und Tiefen zu betonen. In der Tanzszene übernahm sie sogar die Leitung des Orchesters, was den Fokus geschickt auf die virtuose Instrumentalmusik legte. Das Ensemble war ebenfalls überzeugend, insbesondere Christian-Andreas Engelhardt als Herodes und Nadine Lehner als Herodias, deren stimmliche Präsenz die Partie bereicherte. Oliver Sewell als Narraboth und Constance Jader als Page waren ebenso brillant. Michal Partyka hingegen gab mit seiner schlanken, asketischen Erscheinung und mit schneidender Härte geführtem Bariton einen markanten Jochanaan, der das Publikum nicht vollends begeistern konnte – der musikalische Schlagabtausch zwischen Salome und Jochanaan endete zu seinen Ungunsten.

Das einzige Manko an der Inszenierung von Salome in Bremen war der überraschende Schluss. Am Ende der Oper wurde ein mit einer Plane verdeckter Körper enthüllt, und Salome kam als Kind zum Vorschein. Hat sie sich ihre verlorene Kindheit zurückerobert? Obwohl Text und Inszenierung nicht immer übereinstimmten, gelang es dennoch, einen fesselnden Opernabend zu gestalten, der auch den Zuschauerraum effektiv einbezog.

Salome von Richard Strauss am Theater Bremen in einer Inszenierung von Ulrike Schwab mit der musikalischen Leitung der Bremer Philharmoniker von Stefan Klingele Premiere: 2. Februar 2024

Besetzung: Musikalische Leitung: Stefan Klingele, William Kelley, Regie: Ulrike Schwab, Bühne: Rebekka Dornhege Reyes, Kostüme: Marina Stefan, Lena Schmid, Mitarbeit Kostüm: Martha Lange, Licht: Norman Plathe-Narr, Dramaturgie: Caroline Scheidegge